Kriegerdenkmal Ahrensburg

Gedenkspaziergang durch Ahrensburg

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In meiner Heimatstadt Ahrensburg gibt es ein paar Orte, an denen an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Diese Orte habe ich nun in einem Spaziergang besucht und für euch aufbereitet.

Ich habe meinen Spaziergang an der Bushaltestelle „Ahrensburg, Weißdornweg“ (Linie 569) gestartet. Dort findet ihr auch direkt den ersten Ort der Erinnerung auf dem rund 2,5 bis 3 Stunden langem Spaziergang. Hier gibt es zwar wenige klassische Gedenkstätten, aber dennoch einige Orte der Erinnerung.

Jüdischer Friedhof Ahrensburg

Der Jüdische Friedhof Ahrensburg befindet sich an der Ecke „Am Haidschlag / Wulfsdorfer Weg“, nur wenige Schritte von der Bushaltestelle entfernt. Auf dem Friedhof, welcher im Normallfall verschlossen ist, befinden sich 23 Grabsteine, überwiegend mit dem Familiennamen Lehmann. Die Grabsteine sind aber nicht mehr die Originalen, sondern wurden als Ersatz für die Alten in den 1960er Jahren aufgestellt.

Der Friedhof wurde 1822 in Ahrensburg zeitgleich mit der Jüdischen Gemeinde gegründet und im Jahr 1880 noch durch eine kleine Kapelle erweitert. In der Reichspogromnacht im Jahr 1938 wurde der Friedhof durch die Nationalsozialisten geschändet und die Kapelle niedergebrand. Nur 3 Jahre später wurden dann die letzten jüdischen Menschen aus Ahrensburg deportiert.

Nach dem Krieg hat die Jüdische Gemeinde Hamburg die Verwaltung übernommen. 2007 wurde diese dann an den Landesverband der jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein weitergegeben. Seit 2023 steht der Jüdische Friedhof in Ahrensburg unter Denkmalschutz und 2025 wurde am Eingang des Friedhofs noch eine Informationstafel aufgestellt.

Gehzeit etwa 25 Minuten

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Gefallenendenkmal Wulfsdorf

Dieses Denkmal findet ihr an der Gabelung „Am Scharberg“ und „Wulfsdorfer Weg“ an der U-Bahn Unterführung. Das Gefallendenkmal ist so gar nicht meines. Die Wortwahl darauf finde ich mehr als nur schwierig.

DEN BESCHÜTZERN DER HEIMAT VON 1939 BIS 1945 AUS DANKBARKEIT

Die Ausrottung von Juden und anderen ungewollten Menschen ist kein Heimatschutz. Das ist einfach nur ein Verbrechen an der Menschlichkeit, welches keine Dankbarkeit verdient. Im Nachgang wurde dieses Gefallendenkmal um eine blaue Infotafel erweitert. Diese erklärt, das deutsche Soldaten nicht die Opfer sind, sondern die Täter. Daher habe ich das Denkmal hier mit in meinen Spaziergang mit aufgenommen. Ohne diese Relativierung hätte ich den Ort eher nicht mit aufgenommen.

Wie empfindet ihr Inschriften, welche die Täter glorifizieren? Ich bin da echt auf eure Meinung in den Kommentaren gespannt!

Gehzeit etwa 45 Minuten

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Stolperstein für Anneliese Oelte

Der Stolperstein zum Gedenken an Anneliese Oelte liegt auf Höhe der Hagener Allee 57 an der Kreuzung Ernst-Ziese-Straße am Wegesrand.

Anneliese Oelte wurde 1934 in Ahrensburg geboren und erkrankte früh an Kinderlähmung, was zu einer verzögerten geistigen Entwicklung führte. Bereits im Alter von zwei Jahren wurde das kleine Kind, aufgrund ihrer Behinderung, in die Alsterdorfer Anstalten in Hamburg eingewiesen. Nach einem kurzen Aufenthalt zu Hause kam Anneliese in ein Kinderheim nach Bad Oldesloe, wurde aber kurz vor ihrem vierten Geburtstag erneut in die Alsterdorfer Anstalten überstellt. Sie wurde als „nicht bildungsfähig“ eingestuft.

Im Jahr 1943 wurde Anneliese zusammen mit etwa 300 weiteren Mädchen und Frauen aus Hamburger Einrichtungen nach Wien deportiert. Dort starb Anneliese Oelte in der Heil- und Pflegeanstalt Steinhof im Alter von gerade einmal 10 Jahren an den Folgen von Hunger und Vernachlässigung.

Zum Gedenken an Anneliese Oelte wurde 2003 ein Stolperstein in der Nähe ihres letzten Wohnorts in der Ernst-Ziese-Straße 2 verlegt.

Zudem findet jährlich der „Gang des Erinnerns und der Ermutigung“ statt, bei dem der Runde Tisch Ahrensburg mit Schülerinnen und Schülern an verschiedenen Stationen in Ahrensburg an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Rote Stern Kickers 05 veranstaltet außerdem den Anneliese-Oelte-Pokal, ein inklusives Fußballturnier, das an ihr Schicksal erinnern soll.

Gehzeit etwa 13 Minuten

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Stolpersteine für die Familie Rath

In der Waldstraße 8 in Ahrensburg findet ihr diese 4 Stolpersteine für die Familie Rath. Die Geschichte dieser Familie ist sehr tragisch und zeigt, wie sehr Juden unter den Nationalsozialisten auch in Kleinstädten wie Ahrensburg verfolgt wurden.

Die Familie Rath bestand aus Dr. Hugo Rath, seiner Frau Veronika und den beiden Kindern Fritz Ulrich und Dorle. Hier erfahrt ihr etwas über die Familiengeschichte.

Dr. Hugo Rath, in Leipzig geboren, war im Ersten Weltkrieg vier Jahre lang Stabsarzt. Später ließ er sich in Ahrensburg nieder, wo er ein modernes Ambulatorium (Arztpraxis) mit naturheilkundlichem Schwerpunkt führte. Nach dem Suizid seiner Frau 1938 gab er seinen Beruf auf, verfiel dem Alkohol und starb 1940 im Alter von 64 Jahren.

Veronika Rath, 1883 in eine jüdische Familie geboren, verlor früh ihren ersten Ehemann und ihren Sohn. 1914 heiratete sie Dr. Hugo Rath, mit dem sie zwei Kinder bekam. Sie engagierte sich ehrenamtlich für Frauen in Ahrensburg. Doch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zog sie sich wegen der antisemitischen Diskriminierung aus der Öffentlichkeit zurück. Am 27. August 1938 konnte Sie diesem Druck nicht mehr standhalten und nahm sie sich das Leben, in der Hoffnung ihrer Familie eine vermeintlich bessere Zukunftschance zu geben.

Fritz Ulrich Rath, 1919 geboren, erlebte in der Schulzeit Ausgrenzung und durfte aufgrund der Nürnberger Gesetze ab 1935 als Jude keine höheren Schulen oder Universitäten mehr besuchen. 1939 reiste er nach Sulawesi aus, wurde dort von niederländischen Truppen interniert und verbrachte sechseinhalb Jahre in einem Lager, da er als feindlicher Ausländer eingestuft wurde. Nach seiner Rückkehr nach Ahrensburg 1946 wanderte er über England in die USA aus, heiratete, bekam drei Kinder und starb 2007 im Alter von 88 Jahren.

Dorle Rath wurde 1921 geboren, machte eine Ausbildung zur Krankengymnastin, durfte als „Halbjüdin“ jedoch kein Staatsexamen ablegen. Nach dem Tod des Vaters 1940 übernahm sie das Ambulatorium, begann später eine Karriere als Schlagersängerin und leitete ab 1953 die Praxis ihres Vaters. Sie galt als fröhlicher und optimistischer Mensch und blieb in Ahrensburg wohnen bis zu ihrem Tod im Jahr 1989. Mit ihrem Bruder Fritz Ulrich hatte Dorle weiter Kontakt und besuchte ihn jedes Jahr in Amerika.

Das tragische Schicksal der Familie hatte seinen Ursprung in einem Streit im September 1935 zwischen Hugo Rath und Mitgliedern der nationalsozialistisch gesinnten Familie von Bargen. Otto von Bargen, durch den Reichsparteitag fanatisiert, begann daraufhin eine hartnäckige Denunziationskampagne gegen Hugo Rath. Diese Anfeindungen trugen entscheidend zu Veronika Raths psychischem Zusammenbruch und ihrem Suizid bei.

Gehzeit etwa 10 Minuten

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Stolperstein für Magnus Lehmann

Am Café Greco nahe dem Rondell findet ihr einen Stolperstein für Magnus Lehmann, welcher in Ahrensburg lebte und von hier deportiert und dann ermordet wurde. An diesem Ort erinnert man an dieses Ahrensburger Opfer der Nationalsozialisten.

Magnus Lehmann entstammte einer seit dem 17. Jahrhundert in Ahrensburg ansässigen Familie, die über 100 Jahre ein erfolgreiches Getreide- und Futtermittelgeschäft betrieb und zu den reichsten Familien der Stadt gehörte. Er war mit Erna verheiratet, Kinder hatte das Ehepaar nicht. 1915 diente er als Soldat im Ersten Weltkrieg und arbeitete anschließend bis 1933 als Diplom-Ingenieur bei der AEG in Berlin.

Aufgrund seines jüdischen Glaubens verlor er 1933 seine Anstellung und kehrte nach Ahrensburg zurück, um im Familienunternehmen zu arbeiten. Nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde er verhaftet, zunächst ins Konzentrationslager Sachsenhausen und anschließend nach Buchenwald gebracht. Nach einem Monat Haft wurde er entlassen. Er versuchte, wie sein Bruder und dessen Familie, nach Brasilien auszuwandern. Der Versuch scheiterte 1940, da ihm ein Pass für die Ausreise verweigert wurde. Als Grund wurde u.a. seine Kinderlosigkeit genannt.

Am 4. Dezember 1941 wurde Magnus Lehmann in das Ghetto Minsk deportiert, wo er dann später auch ermordet wurde.

Gehzeit etwa 4 Minuten

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Engel der Kulturen als Friedensbotschaft

Vor der Stadtbücherei findet ihr den „Engel der Kulturen“. Dieser dient als Mahnung für die Zukunft, dass wir friedlich und tolerant miteinander zusammenleben sollen. Der Engel ist ein Zeichen gegen Diskriminierung und Fremdenhass und erinnert uns daran, dass wir alle Menschen sind.

Auch wenn das kein Gedenkort in dem Sinne ist, mahnt es uns für eine bessere Zukunft zu sorgen. Zeiten wie unter den Nationalsozialisten darf es nie wieder geben!

Gehzeit etwa 12 Minuten

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Erinnerung an getötete Mitglider der Jüdischen Gemeinde

Am Kindergarten Schäferweg habe ich eine Infotafel gefunden. Diese erinnert an getötete jüdische Menschen der Gemeinde Ahrensburg. Nahe dieses Ortes stand bis zur Novemberpogrome 1938 die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Ahrensburg. Die Nazis haben das Gebäude zerstört. Die meisten jüdischen Menschen der Schloßstadt haben glücklicherweise die Flucht vor den Nazis geschafft.

Ein paar Namen von ermordeten Menschen sind allerdings bekannt. So wurden z. B. Edgar und Malie Levy von den Nationalsozialisten ermordet sowie Magnus Lehmann, der ja auch einen Stolperstein in der Stadt hat.

Von dieser Stelle könnt ihr auch schon das Kriegerdenkmal Ahrensburg sehen, den letzten Gedenkort dieses Spaziergangs durch Ahrensburg.

Gehzeit etwa 2 Minuten

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Kriegerdenkmal in Ahrensburg

Ich bin kein Freund von Kriegerdenkmälern, aber immer mehr werden ergänzt durch Inschriften, welche an alle Opfer des Nationalsozialismus gedenken. So auch am Kriegerdenkmal in Ahrensburg.

Den Opfern der Weltkriege und des Nationalsozialismus

Dieser Satz steht auf der Gedenktafel am Kriegerdenkmal. Früher war diese aus Bronze, aber die Bronzetafel wurde gestohlen und so wurde die heute Gedenktafel für die Opfer des Nationalsozialismus an das Denkmal angebracht.

An diesem Ort könnt ihr auch gut ein schattiges Päuschen machen und seid nicht weit weg von der Schlosskirche und dem Schlosspark.

Mein Fazit nach diesem Spaziergang

Der Spaziergang ist ganz nett, neben den Orten der Erinnerungen geht es teilweise an schönen Strecken entlang und ihr könnt die Route auch durch schönere kleine Umwege optimieren. Wenn ihr also mal Lust auf einen langen Spaziergang habt und nicht wisst wohin, jetzt habt ihr eine Idee.

Habe ich noch Gedenkorte in Ahrensburg nicht gefunden? Dann schreibt es mir gerne in die Kommentare!

Kommentare zu diesem Beitrag

2 Antworten zu „Gedenkspaziergang durch Ahrensburg“

  1. Iris

    Den Beschützer der Heimat finde ich auch sehr heftig. Du hast das ganze sehr schön geschrieben, und ich hab noch wieder ein bißchen was gelernt.
    Danke.

  2. Martin

    Mit dem deutschen Soldaten als Werkzeug hat der Nationalsozialismus durch Überfälle auf andere Länder die Angriffe auf deutsche Städte selbst erzeugt.
    Das rechtzeitige niederlegen ihrer Waffen hätte die „Heimat“ vor all dem Schaden bewahrt.
    Zudem wäre der Welt das kranke Hirne heute verführende Beispiel erspart geblieben, das jetzt wieder unvorstellbare Lügen, Rechtsbeugungen und hunderttausendfache Morde an Unschuldigen hervorbringt in seiner Menschenverachtung !
    Das Gedenken und die Erinnerung sind so wichtig für diese Welt wenn sie sich Menschlichkeit bewahren möchte.
    Schön wenn sich das so gut wie hier beschrieben mit Bewegung an frischer Luft verbinden läßt.
    Wer nicht gleich 3 Stunden unterwegs sein will kann sich dank gezeigten Lageplans bestimmt 2 oder 3 Spaziergänge daraus basteln.
    Ich bin beeindruckt und sehr dankbar für diese Erinnerungen und Handreichungen. Gut mehr über die Vergangenheit meines Geburtsstädtchens zu wissen.

    Lieben Dank und gerne mehr von überall sonst !

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