Fahrräder vom Auto bedrängt im Straßenverkehr

Straßenverkehr – Es lebe die Anarchie!

Anarchie, Zustand der Gesetzlosigkeit, das ist eine der sinnvollsten Beschreibungen, welche mir zu den täglichen Bildern auf Hamburgs Straßenverkehr einfällt.

Egal ob Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger oder Nutzer des HVV, (fast) alle sind Sie ignorant und rücksichtslos. Ausnahmen gibt es natürlich in allen Bereichen, aber leider viel zu wenig. Und so spielen viele Verkehrsteilnehmer mit der eigenen oder mit der Gesundheit dritter.

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie Autofahrer über Radfahrer schimpfen. Die Radfahrer wiederum beschweren sich über Autofahrer und Fußgänger und Fußgänger regen sich über Fahrradfahrer auf. In der Praxis wäre es meistens sinnvoller, mal das eigene Verhalten zu reflektieren und zu ändern, statt zu pöbeln.

Hier mal ein paar Momentaufnahmen aus meinem täglichen Leben als Fußgänger, Fahrradfahrer und Nutzer des ÖPNV.

Die Autofahrer

Viele Autofahrer glauben scheinbar, Ihnen gehört der gesamte Verkehrsraum inkl. Fahrradwege und Fußweg. Ich erlebe täglich, wie Autofahrer auf Radstreifen, Fahrradwegen oder sogar Fußwegen parken oder halten. Hierdurch müssen die Nicht-Autofahrer teilweise auf die Straße ausweichen, was wiederum sehr risikoreich ist. Zudem sorgt es wieder für Ärger bei den Autofahrern, was wir verrückten Unmotorisierten wieder vorhaben. Das ist unnötig und setzt alle sinnlos unter Stress, weil ein Einzelner mal wieder im Weg herumsteht.

Interessant sind immer wieder Fahrradstraßen oder Straßen mit Radstreifen auf der Fahrbahn. Hier wird man regelmäßig super knapp überholt und angehupt. Man muss parkenden oder haltenden Autos auf den Radstreifen/Radweg ausweichen und vieles mehr. Hierdurch entsteht nicht selten eine Gefährdung für die Gesundheit von Radfahrern.

Mein „Lieblings“erlebnis in einer Fahrradstraße in Ahrensburg bisher: Ich fahre in einer Tempo 30 Zone, welche explizit für Radfahrer freigegeben ist, mit knapp 28-32 km/h wie vorgeschrieben auf der Fahrbahn. Hinter mir kommt ein BMW Fahrer, der wie wild hupte und mich überholen wollte. Dabei ist er kaum mehr als einen Meter hinter mir gefahren. Einmal bremsen oder ein technisches Problem am Fahrrad hätten da schnell tödlich enden können! Das ist als Radfahrer schon beängstigend. Bei erster Möglichkeit ist der Autofahrer dann mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit an mir vorbeigefahren. Warum der Stress? Er hätte eigentlich eh nicht schneller fahren dürfen als ich!

Ähnliche Situation erlebt und beobachtet man in Hamburg mehrfach täglich. Aber was soll man als schwächerer Verkehrsteilnehmer machen? Jedes Mal eine Anzeige schreiben? Ob das langfristig etwas ändert? Ich denke eher nein.

Liebe Autofahrer, werdet doch endlich mal entspannter und haltet Fahrrad- und Fußwege frei. Und ein wenig Abstand auf Fahrradstraßen etc. wäre auch ganz nett. Ihr kommt schon an euer Ziel, Stress machen macht die Fahrzeiten erfahrungsgemäß auch nicht kürzer. Denkt immer daran, im schlechtesten Fall sind wir unmotorisierten Verkehrsteilnehmer Tod und ihr habt nur einen Lackschaden. Das wollt Ihr sicher beides nicht. Nehmt im Straßenverkehr Rücksicht!

Die Fahrradfahrer

Als Radfahrer versuche ich mich so weit irgend möglich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Meines Erachtens gelingt es mir gut, auch wenn ich sicher nicht ganz frei von Fehlverhalten im Straßenverkehr bin.

Aber was sich viele Radfahrer rausnehmen, ist unter aller Sau. Es wundert mich nicht, dass es immer wieder Unfälle zwischen Radfahrern und Autos oder Fußgängern gibt.

Viele Radfahrer fahren selbst im Dunkeln ohne Licht. Wenn die Fahrräder dann nicht mal die Basic-Reflektoren am Fahrrad haben und der Fahrer womöglich noch dunkel gekleidet ist, steht dem Unfalltod nicht mehr viel im Weg. Und was soll ich sagen, wer quasi unsichtbar durch die Nacht fährt, hat im Zweifel selber Schuld. Macht verdammt noch mal euer Licht an! Das tut nicht weh und kann sehr viele Unfälle vermeiden.

Ich habe mir inzwischen angewöhnt, selbst bei Sonne mit Licht zu fahren. Inwiefern das meine Sichtbarkeit und Sicherheit tatsächlich erhöht, kann ich nicht sagen. Aber mein eigenes Sicherheitsgefühl steigt dadurch spürbar.

Auch sehr beliebt ist das Radeln mit Stöpseln in den Ohren oder teilweise sogar mit Blick aufs Smartphone. Am besten freihändig. Schon praktisch, wenn man den Tod weder kommen hört noch sieht. Da bleibt der Überraschungsmoment wenigstens erhalten.

Jetzt mal ehrlich! Auch wenn viele Autofahrer fahrlässig eine Gefahr für Radfahrer darstellen, stellen Radfahrer oft auch eine Gefahr für sich selber dar! Der rücksichtsvollste Autofahrer kann auch nichts machen, wenn denen so ein Anarchoradler vor das Auto trudelt. Denkt immer daran, die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr als Radfahrer beim Unfall mit einem Auto draufgeht, ist gefühlt 100 % höher als bei dem Autofahrer.

Zudem wäre es schön, wenn sich alle Radfahrer an die vorgegebenen Wege halten. Der Fußweg ist kein Radweg, außer es ist explizit so ausgeschildert. Nehmt Rücksicht auf Fußgänger. Eine Kollision könnte für beide sehr schmerzhaft werden und das tut nicht Not! Lieber einmal mehr bremsen kann helfen. Ist zwar nervig, das verstehe ich, aber Sicherheit geht meiner Meinung nach vor.

Aber woher sollen die Kinder und jungen Leute es denn besser wissen? Neulich sah ich eine Mutti, die Ihr Grundschulkind ohne Licht auf der falschen Straßenseite fahren ließ, nachdem vorher eine rote Fußgängerampel überquert wurde. Da fällt einem nicht mehr viel zu ein.

Die Fußgänger

Liebe Fußgänger, ihr habt die Wunderwelt Technik immer fest im Blick und die fettesten Bässe stets auf den Ohren. Nur leider vergesst ihr dabei was Wesentliches im Straßenverkehr: Ihr seid nicht alleine!

Immer mehr Fußgänger haben die Augen mehr auf das Smartphone als auf die Umgebung gerichtet. Wenn dazu noch Stöpsel in den Ohren sind, merken die meisten Fußgänger nichts mehr. Sie „torkeln“ in den besten Fällen nur auf den Fußwegen vor sich hin und nehmen dabei möglichst viele Hindernisse mit.

Bedauerlicherweise frequentieren diese Smombies dabei allzu oft die Radwege, selbst wenn dieser sich farblich vom Fußweg unterscheidet. Plötzlich nach links ziehende Fußgänger rennen mir regelmäßig vor das Fahrrad. Überlege schon einen Bullenfänger oder Räumschild an den Drahtesel zu bauen.

Besonders rücksichtslose Exemplare gehen auch gerne auf den Radwegen spazieren. Selbst wenn ein freier und breiter Fußweg wenige Zentimeter entfernt ist. Wenn man dann klingelt, hören die einen nicht mal. Falls doch, wird man zumeist angepöbelt, was man doch für ein Verkehrsrowdy ist. Ja nee, ist klar!

Ich frage mich, was bei solchen Menschen in der Verkehrserziehung schiefgegangen ist. Einiges meiner Meinung.

Also, liebe Fußgänger, wäre schon schön, wenn Ihr auf euren Wegen bleibt. VOR dem Überqueren eines Radweges oder einer Straße vielleicht auch mal nach hinten/links/rechts schaut. Das würde vielen Fahrradfahrern oder Autofahrern das Leben deutlich erleichtern.

Die HVV Nutzer

Ich fahre nahezu täglich mit Bahn und Bus durch Hamburg. Ab und an habe ich mein Fahrrad dabei.

In den Regionalbahnen kostet die Fahrradmitnahme 3,50 Euro zusätzlich zur Abo-Karte. Dafür haben die Regionalzüge ein extra Fahrradabteil. Leider wird dieses oftmals komplett durch Menschen blockiert, die weder ein Fahrrad noch Gepäck dabei haben. Unaufgefordert macht eh niemand Platz für Menschen mit Fahrrad. Wenn man höflich in die Runde fragt, ob nicht irgendwer Platz machen könnte für den Drahtesel im Fahrradabteil, bekommt man selten positive Reaktion. Die Diskussionen spare ich mir inzwischen allerdings und stell mich dann einfach in die Mitte. Wo man allerdings alles hat, nur keinen sicheren Stand. Wenn das Fahrrad mal zu Seite rutscht oder ich einen Ausgleichsschritt machen muss, dann ist es halt nicht mein Pech, wenn dabei jemand getroffen wird. Bisher ist zwar nichts passiert, aber dennoch kotzt mich die Ignoranz dieser Menschen an.

Aber auch sonst nehmen im HVV-Bereich wenige Menschen Rücksicht. Vom Vordrängeln bis zum Schubsen ist alles täglich zu beobachten, insbesondere während der Hauptverkehrszeiten in Hamburg. Nerven tun auch die Leute, die auf dem Bahnsteig einfach vor der Tür stehen und die Fahrgäste nicht aussteigen lassen, sondern sich direkt noch während der Türöffnung in die Tür drängeln. Als würde nie wieder eine Bahn fahren.

Auch hier würde vielen Leuten ein wenig Entspannung guttun!

Fazit zu den Teilnehmern in Hamburger Straßenverkehr

Auch wenn fast alle nur am Schimpfen sind über die anderen Verkehrsteilnehmer, so denken nahezu alle ausschließlich an Ihren eigenen Vorteil.

Rücksichtnahme ist meistens ein Fremdwort. Das ist aber leider auch in vielen anderen Bereichen des Lebens zu beobachten! Warum sollte es im Straßenverkehr also anders sein? Ich finde es sehr schade und teils stressig, aber solange die Menschen nicht aufhören, nur an sich zu denken, werden wir hier keine Änderung im Verhalten hinbekommen.

Wie seht Ihr die Situation in Hamburgs Straßenverkehr? Schreibt es gerne in die Kommentare!

Kommentare

4 Antworten zu „Straßenverkehr – Es lebe die Anarchie!“

  1. Neulich in Hambur-Rahlstedt.
    Ich radel im Januar so friedlich vor mich hin, es ist kalt und schon ziemlich dunkel. In einiger Entfernung hüpften blaue Blinklichter auf oder neben dem Radweg. Da ich ahne was es ist werde ich langsamer, zwanzig Meter vor den Lichtern dann eine Frauenstimme „sitz, ja brav sitz“ die Lichter bewegen sich kreuz und quer ( sitz ? ). Kurz vor den Lichtern komme ich zum stehen, jetzt bellen sie auch. Lichter mit Hund rennen rund um mein Rad, der Versuch langsam weiter zu fahren scheitert an einer dieser zwanzig Meter langen Leinen. Nachdem sich die Leine am Schnellspanner verfangen hat dreht der Hund total durch und zieht mir das Rad unter den Händen weg. Die Frau, wie ich jetzt sehe ziemlich jung, schnautz mich an „Alta pass doch auf, fahr auf Straße mit dem scheiß Teil“…Äh das ist ein Radweg. “ Quatsch mich nicht voll und verpiss dich“.

    Mit leichten Schuldgefühlen gegenüber einem völlig degenerierten Hund setzte ich meine Fahrt fort. Egal wann man mit dem Rad auf Hund trifft, der macht nichts, oder ganz sicher macht er das sonst sonst nie, hat sich nur erschrocken bla bla bla. Und egal was der Hund macht, Schuld hat irgendwie immer der Radfahrer. Versuche mit „Herrchen“ zu reden sind ebenso sinnfrei wie Warzen besprechen. Da hilft nur eins, es dem Hund gleichtun…nein nicht bellen 🙂 aber sich ein dickes Fell zulegen.

    P.S bin über deinen „Schwalbe Marathon plus Tour“ Test auf den Blog gekommen. Gute Info und der Blog gefällt….

  2. Neulich in Hambur-Rahlstedt.
    Ich radel im Januar so friedlich vor mich hin, es ist kalt und schon ziemlich dunkel. In einiger Entfernung hüpften blaue Blinklichter auf oder neben dem Radweg. Da ich ahne was es ist werde ich langsamer, zwanzig Meter vor den Lichtern dann eine Frauenstimme „sitz, ja brav sitz“ die Lichter bewegen sich kreuz und quer ( sitz ? ). Kurz vor den Lichtern komme ich zum stehen, jetzt bellen sie auch. Lichter mit Hund rennen rund um mein Rad, der Versuch langsam weiter zu fahren scheitert an einer dieser zwanzig Meter langen Leinen. Nachdem sich die Leine am Schnellspanner verfangen hat dreht der Hund total durch und zieht mir das Rad unter den Händen weg. Die Frau, wie ich jetzt sehe ziemlich jung, schnautz mich an „Alta pass doch auf, fahr auf Straße mit dem scheiß Teil“…Äh das ist ein Radweg. “ Quatsch mich nicht voll und verpiss dich“.

    Mit leichten Schuldgefühlen gegenüber einem völlig degenerierten Hund setzte ich meine Fahrt fort. Egal wann man mit dem Rad auf Hund trifft, der macht nichts, oder ganz sicher macht er das sonst sonst nie, hat sich nur erschrocken bla bla bla. Und egal was der Hund macht, Schuld hat irgendwie immer der Radfahrer. Versuche mit „Herrchen“ zu reden sind ebenso sinnfrei wie Warzen besprechen. Da hilft nur eins, es dem Hund gleichtun…nein nicht bellen 🙂 aber sich ein dickes Fell zulegen.

    P.S bin über deinen „Schwalbe Marathon plus Tour“ Test auf den Blog gekommen. Gute Info und der Blog gefällt….

  3. Zwar Ahrensburg, aber ähnlich. Vor paar Tagen lief mir eine Frau vor’s Fahrrad – auf dem Radweg, wohlgemerkt – und pöbelte nach meiner erschreckten Vollbremsung inkl. Fast-Sturz, ich hätte ja klingeln müssen. Ich war nicht mal schnell gefahren. Da ich meistens mit dem Rad unterwegs bin, seh ich meist diese Perspektive. Aber ich denke das macht keinen großen Unterschied.
    Wie du schreibst, „ich ich ich“.

  4. Zwar Ahrensburg, aber ähnlich. Vor paar Tagen lief mir eine Frau vor’s Fahrrad – auf dem Radweg, wohlgemerkt – und pöbelte nach meiner erschreckten Vollbremsung inkl. Fast-Sturz, ich hätte ja klingeln müssen. Ich war nicht mal schnell gefahren. Da ich meistens mit dem Rad unterwegs bin, seh ich meist diese Perspektive. Aber ich denke das macht keinen großen Unterschied.
    Wie du schreibst, „ich ich ich“.

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