Mitleid

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Ich habe beschlossen das Wort “Mitleid” aus meinem Wortschatz zu streichen. Das hört sich jetzt erst mal ziemlich brutal an, ich will es aber gerne erklären. In letzter Zeit sind in meinem näheren Bekanntenkreis viele Menschen durch Trennung oder anderer Umstände in schwierige Lebenssituationen geraten. Weiterhin haben wir seit ein paar Monaten eine blinde Schauspielerin in der Theatergruppe. Zum Thema Behinderung und Mitleid hat Heiko in seinem Blog vor geraumer Zeit bereits einen sehr lesenswerten Beitrag geschrieben. Meine Aufgabe im Umgang mit ihr ist nicht Mitleid, sondern mit ihr zusammen Theater zu spielen. Nach ihren Möglichkeiten, nach meinen Möglichkeiten, nach unseren gemeinsamen Möglichkeiten. Punkt. Ende.

Mitleid ist das, was uns antreibt anderen Mensch zu helfen und ihnen zur Seite zu stehen. Nö. Leiden ist etwas was uns lähmt. Mit jemandem Leiden hilft ihm nur bedingt.

Was nutzt mir’s, daß ein Freund mit mir gefällig weine? Nichts, als daß ich in ihm mir zweifach elend scheine. (Lessing)

Mitgefühl ist, in meinen Augen, das weit aus bessere Wort. Wenn ich versuche mit jemandem mitzufühlen, versuche ich mich in seine Situation hinein zu versetzen. Sicherlich sind dort meine Möglichkeiten begrenzt. Wie auch, ich habe ja, zum Glück, noch nicht alle Gefühle dieser Welt erlebt. Aber, wenn ich versuche zu fühlen wie er, kann ich mir überlegen, was mir in dieser Situation helfen würde. Und da ist jeder Mensch einfach unterschiedlich. Es gibt Menschen, die schaffen es, sich mit einem weinenden Menschen hinzusetzen, mit ihm zusammen zu weinen und tröstende Worte zu finden. Ich bewundere das. Ich bin keine Mutter Theresa. Ich glaube, ich bin eher diejenige, die versucht jemanden aus dieser Situation raus zu holen. Diejenige die versucht Wege zu finden, wie es vorwärts geht, die versucht durch Ablenkung Momente des Vergessens zu schaffen, mit der man Rituale vollziehen kann, um diese Lebensphase abzuschließen. Es dauert sicherlich eine Weile, bis man dazu bereit ist dieses auch anzunehmen, völlig verständlich, völlig normal. Das ist sicherlich nicht der erste Schritt, in einer alles verändernden Lebenssituation.  Aber um Hilfe bitten ist eine Aktivität und Aktivität ist ein Schritt, um zu lernen mit der Situation um zu gehen und aus ihr heraus zu kommen. Ich kann nur meine Hilfe anbieten. Ich hoffe, meine Freunde wissen, dass sie zu jeder Tages und Nachtzeit bei mir vor der Tür stehen können und ich für sie da bin. Zwangsbetreuen ist, nach meinem Ermessen, nicht der richtige Weg.

Ich hoffe, niemanden zu sehr vor den Kopf gestoßen zu haben. Und man kann mich jetzt gerne anrufen und mir sagen: ” Das war totaler Mist, den du da geschrieben hast, aber ich brauche deine Hilfe!” Ich komme, bestimmt! Wie sagte gestern jemand zu mir: Ich habe mich mit einem Freund getroffen, ich hatte auf Mitleid gehofft. Bekommen habe ich ein Tritt in den Hintern und es tat so gut!!!


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