Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin

Ich war im Januar in Berlin und habe dort auch ein paar Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus besucht. Eines davon war das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. Dieses Holocaust-Mahnmal erinnert an die 6 Millionen ermordeten Juden in der Zeit des Dritten Reichs.

Das Denkmal wurde von Peter Eisenmann entworfen und ist am 10. Mai 2005 eröffnet worden. Die Fläche des Mahnmals beträgt etwa 19.000 m² und besteht aus ursprünglich 2711 Betonstelen auf einem welligen Untergrund.

Standort des Holocaust-Mahnmals

Ihr findet das Mahnmal nur ein paar Schritte vom Brandenburger Tor entfernt. Es grenzen folgende Straßen an das nahezu viereckige Grundstück: Behrenstraße, Cora-Berliner-Straße, Hannah-Arendt-Straße und Ebertstraße.

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas liegt in Berlin-Mitte auf dem Gelände, wo früher einmal die Stadtvilla von Joseph Goebbels stand. Ein SS-Bunker befindet sich immer noch unter dem Areal, er wurde allerdings nach umfangreichen Dokumentationen versiegelt.

An diesem Ort verlief zwischen 1961 und 1989 auch der Todesstreifen der Berliner Mauer.

Aufbau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas

Der Boden ist wellenförmig mit Steigungen zwischen 0,5° und 2°. Die 2711 quaderförmigen Stelen sind in Reihen angeordnet. Die Stelen haben unterschiedliche Höhen bis zu 4,7 Metern. Die Wege sind nicht breit genug, um nebeneinander zu gehen. Einige Wege sind allerdings besonders gekennzeichnet und dann auch für Rollstuhlfahrer geeignet.

Unter diesem Denkmal befindet sich auch noch eine große Gedenkausstellung. Hier werden auch etwa 4 Mio. Namen von bekannten Holocaustopfern genannt.

Die Geschichte dieser Gedenkstätte

1988 gab es die Idee für den Bau eines Denkmals. 6 Jahre später wurde dann ein Wettbewerb ausgeschrieben, in dem über 500 Vorschläge eingereicht wurden. Am Ende gab es einen Favoriten. Auf einer 20.000 m² großen und schiefen Betonebene sollen die Namen der NS-Opfer eingemeißelt werden. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte diesen Entwurf 1995 allerdings ab.

2 Jahre später wurden neue Entwürfe von Architekten und Bildhauern eingeholt. Ziel war, dass das Denkmal nicht die Aufgabe einer Gedenkstätte übernimmt, sondern die vorhandenen Gedenkstätten an historischen Orten ergänzt. Es folgten viele Diskussionen und Kontroversen rund um die Finale Gestaltung des Denkmals.

Mitte 1999 gab es dann im Bundestag ausführliche Debatten über das Denkmal. Es wurden auch Anträge gestellt, das Mahnmal nicht zu bauen und die freien Mittel in andere NS-Gedenkstätten oder eine jüdische Universität zu investieren. Das wurde allerdings mehrheitlich abgelehnt. Am Ende gab es noch einige weitere Vorschläge, welche aber auch abgelehnt wurden.

Im April 2003 begann dann der Bau des Denkmals und wurde im Oktober 2003 wieder unterbrochen. Grund für die Unterbrechung war der geplante Anti-Graffiti-Schutz für die Steinstelen. Diese sollte von der Firma Degussa AG kommen. Das Tochterunternehmen Degesch hatte den Nazis damals das Giftgas Zyklon B hergestellt, welches in den Konzentrationslagern zur Ermordung von Juden eingesetzt wurde. Nach langen Diskussionen ging der Bau aber unter Beteiligung der Degussa AG weiter, da das Unternehmen seine Vergangenheit vorbildlich aufgearbeitet hatte. Im November 2003 ging der Bau dann weiter und wurde Ende 2004 fertiggestellt. Es folgte die Bepflanzung des Grundstückrands, das war in der Planungsphase übrigens eine Idee von Helmut Kohl. Außerdem wurde noch die Ausstellung am Ort der Information gestaltet.

Am 10. Mai 2005 wurde das Denkmal dann endlich feierlich eröffnet. Die gesamten Baukosten betrugen bis zum Ende 27,6 Mio. Euro.

Baumängel und Vandalismus am Holocaust-Mahnmal

Mit Vandalismus hat dieser Gedenkort relativ wenig Probleme. Den größten Vandalismus-Fall gab es am 23. August 2008. Es wurden mehrere Säulen mit insgesamt 11 Hakenkreuzen beschmiert. 

Doch in Bezug auf Baumängel gibt es hier größere Probleme. Die Stelen wurden aus Kosten- und Gewichtsgründen hohl gelassen, die Wandstärke beträgt 15 cm. Das führte dazu, dass nur 3 Jahre nach Fertigstellung bereits rund die Hälfte aller Stelen Risse hatte. Die sonnenzugewandte Seite hat teilweise Temperaturen von über 80 °C, die andere Seite bleibt deutlich kühler. Laut Gutachten kommt es dadurch zu Materialspannungen, die zu diesen Rissen führen.

Zwei Stelen wurde Ende 2010 in das Institut für Bauforschung nach Aachen gebracht zur Analyse. Eine wurde wieder in das Denkmal eingefügt, die andere wurde zerlegt. Daher besteht das Denkmal seitdem nur noch aus 2710 Stelen. Im Laufe der Zeit mussten immer mehr Stelen durch Manschetten gesichert werden. Die Sanierungskosten für das Denkmal sollen in einem zweistelligen Millionenbetrag liegen.

Deutung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin

Ursprünglich waren die Stelen aus Stein im Entwurf von Eisenmann/Serra kein themenbezogenes Symbol. Das Denkmal sollte eher als „Zone der Instabilität“ wahrgenommen werden. Es sollte viel mehr eine neue Idee der Erinnerung entwickelt werden.

Im Laufe der Zeit gab es immer wieder neue Diskussionen um die Bedeutung der Stelen. Dabei waren unter anderem Grabsteine, Sarkophage, Kriegerdenkmäler sowie Soldatenfriedhöfe. Die betreuende Stiftung sieht in den minimal geneigten Stelen und den gefühlt schwankenden Boden ein „Gefühl der Verunsicherung“.

Projekt Yolocaust vom Shahak Shapira

Erwähnenswert finde ich noch das Projekt Yolocaust. Im Januar 2017 stellte Shahak Shapira eine Woche das Satireprojekt ins Internet. Hier kombinierte er im Internet gefundene Selfies, welche am Denkmal erstellt wurden, mit historischen Fotos aus den Konzentrationslagern und Massengräbern. Yolocaust war medial sehr erfolgreich und stellt eine kritische Reflexion mit dem alltäglichen Umgang des Mahnmals dar. Bilder könnt ihr noch über die Internetsuchmaschine eures Vertrauens finden. Ein paar Informationen und Feedbacks zu dieser Aktion gibt es auch unter https://yolocaust.de/

Mein persönliches Empfinden beim Besuch dieses Denkmals

Was in dem Projekt Yolocaust aufgezeigt wurde, kann ich leider sehr gut nachvollziehen. Ich war jetzt bereits zweimal beim Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Beide Male fand ich den Tourismus um diese Gedenkstätten sehr abschreckend. Tobende und schreiende Jugendliche, Menschen die diesen Happy-Smile-Selfie-Wahn verfallen sind, Menschen die einen auf Modeshow machen usw. Selbst ein ehemaliger FC St. Pauli Spieler hatte bereits sein persönliches Yolocaust hier hinter sich. Wenn ihr bei Instagram mal die Bilder anschaut zu diesem Ort, werdet ihr sehen, was ich meine.

Ich habe das Gefühl, dieses Denkmal verfehlt seine Wirkung bei vielen bzw. sie verstehen einfach nicht, was mit diesem Ort bezweckt werden sollte. Lärmendes und wildes Umherlaufen sollte es doch sicher nicht sein. Das fühlt sich zumindest für mich komplett falsch an! Wie ist eure Meinung dazu?

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Dein Kommentar wird manuell geprüft und freigegeben. Daher erscheint dieser nicht sofort, sondern normalerweise innerhalb weniger Stunden.